Über die Hälfte aller Deutschen geben in Umfragen an, sich selbstbewusster zu fühlen als früher. Dennoch leiden zahlreiche Menschen hierzulande unter ihrem geringen Selbstwertgefühl. Dieser Zustand bringt nicht nur einen ganz persönlichen Leidensdruck mit sich, sondern führt auch in Alltagssituationen zu Problemen praktischer Natur.

Die Sache mit dem anderen Geschlecht

Laut Studien führen selbstunsichere Menschen kürzere und unbefriedigendere Beziehungen. Darüber hinaus haben sie Schwierigkeiten damit, spontan auf das andere Geschlecht zuzugehen. Diese Problematik betrifft Frauen verstärkt, ist jedoch auch Männern mit Selbstzweifeln nicht fremd.

Worin bestehen die Probleme genau?

Ein geringes Selbstbewusstsein geht stets mit einem negativen Selbstbild einher. „Ich kann nichts, habe nichts vorzuweisen, sehe nicht gut aus“, lauten die gängigen Formeln, die der innere Kritiker von selbstunsicheren Persönlichkeiten tagtäglich gegen sie selbst ins Feld führt. Das Problem dabei: Die kritischen Töne lassen sich nicht einfach im Innern der Seele vergraben. Sie beeinflussen auch ständig unser Verhalten und die Beziehungen zu unseren Mitmenschen. Gerade Singles mit Selbstwertproblemen leiden darunter, keinen Kontakt zum anderen Geschlecht aufnehmen zu können, weil sie sich für nicht attraktiv, witzig oder charismatisch genug halten. So wie sie sich selbst sehen, können sie sich schlichtweg nicht vorstellen, dass jemand anderes Interesse an ihnen haben könnte. Ihre Flirtversuche gepaart mit einer derart zweifelnden Ausstrahlung sind dann zumeist von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Wie lässt sich Abhilfe schaffen?

Das Prinzip ist abgedroschen aber wahr: Nur, wer sich selbst gut findet, wirkt in seiner Attraktivität auch auf andere. Um dies zu erreichen, sollten selbstunsichere Menschen konkrete Tipps befolgen:

1. Wer wagt, gewinnt

Nur wer im Park, in der Bar oder beim Bäcker locker den Kontakt zu anderen Menschen sucht, hat die Chance durch ein Lächeln und nette Worte ein positives Feedback zu erhalten. Das steigert das Selbstbewusstsein. Einige Psychologen sind gar der Meinung, Selbstwertgefühl entstehe nicht von innen heraus, sondern ausschließlich als Folge äußerer Erfolgserlebnisse. Um so schlimmer, wenn selbstunsichere Personen Kontakte mit anderen aus Angst prinzipiell vermeiden. Die Chance, dass ein Gegenüber positiv auf einen Flirtversuch einsteigt, stehen im Regelfall 50:50. Selbst Beauty- und Business-Idole stoßen ab und an auf jemanden, der sie abblitzen lässt. Einen Korb sollte niemand persönlich nehmen, sondern ad acta legen und sich durch die Erfolge stärken lassen.

2. Vergleiche vermeiden

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Menschen durchschnittlich unglücklicher sind, wenn sie in heterogenen sozialen Umfeldern leben. Wer sich ständig mit mutmaßlich reicheren, attraktiveren und intelligenteren Personen vergleicht, kann sein eigenes Leben nur schwarz sehen. Leider neigen gerade selbstunsichere Menschen ständig dazu, sich an Bekannten und Kollegen zu messen, die ihrer Meinung nach besser beim anderen Geschlecht ankommen. Der Ausweg liegt allein darin, sich seine individuellen Stärken bewusst zu machen. Hier können enge Freunde und die Familie eine Hilfe bieten. Sie zu bitten, alle wahrgenommenen Positiveigenschaften konkret zu benennen, kann selbstunsicheren Personen in ihrem negativen Selbstbild korrigieren.

3. Fremde Umgebungen machen Mut

Wer nicht in seiner Heimatstadt mit Flirtversuchen scheitern möchte, sollte am Wochenende potenziell gesellige Unternehmungen in der nächstgrößeren Metropole starten. Im Schutz der Anonymität flirtet es sich hier wesentlich leichter.

4. Komplimente annehmen

So überrascht selbstunsichere Personen häufig sind, wenn sie ein Kompliment erhalten, sie sollten lernen, es souverän anzunehmen. Statt herunterzuspielen, dass es das tolle Outfit „ganz billig im Sonderangebot gab“ oder Gegenkomplimente zu starten, heißt es: Lächeln und sich aufrichtig bedanken. Möchte man dem Gegenüber ebenfalls seine Bewunderung aussprechen, sollte man dies nicht ausgleichend, sondern ganz spontan und authentisch tun.

Bewerbungen als weiterer Problemfall

Das Bewerbungsgespräch ist eine beispielhafte Situation, in der es darauf ankommt, sich selbst darzustellen und zu vermarkten. Für Personen mit mangelndem Selbstbewusstsein stellt dies eine der größten Schwierigkeiten überhaupt dar, denn: Wie soll man jemanden von sich überzeugen, wenn man selbst nicht überzeugt von sich ist. Dabei helfen diese Maßnahmen:

  • Angemessene aber bequeme Kleidung: Wer sich beim Bewerbungsgespräch in ein Outfit zwängt, dass sich nicht nur fremd, sondern auch unbequem anfühlt, wirkt mit Sicherheit auch im Gebaren deplatziert. Stattdessen sollten Bewerber stilvolle Kleidung wählen, in der sie sich selbst gut finden und sich gut bewegen können. Insbesondere die Schuhe sollten dem Arbeitgeber angemessen, jedoch bequem sein und zu einem sicheren Stand verhelfen.
  • Durch Körpersprache Vertrauen wecken: Nicht nur der Inhalt des Gesagten zählt, sondern vor allem die Präsentation. Wer gerade steht und seinem Gegenüber ruhig in die Augen blickt, wirkt wesentlich selbstbewusster als nervös Trippelnde, die auf den Boden starren. Gleiches gilt für das Vermeiden fahriger Gesten wie das Zwirbeln an Haarsträhnen, das Fassen an die Nase oder das Wippen eines Fußes. Auch verschränkte Arme kommen als ablehnende Haltung im Gespräch ebenfalls nicht gut an. Pluspunkt: Wer durch eine antrainierte Körpersprache nur wirkt als sei er selbstbewusst, wird vom Gegenüber trotzdem zuvorkommender behandelt. Das stärkt das Selbstbewusstsein nachhaltig. Atem- und Entspannungstechniken können zusätzlich dabei unterstützen, eine souveräne Haltung einzunehmen.
  • Seine Stärken kennen: Der Kernpunkt eines jeden Bewerbungsgespräches ist es, seine Fähigkeiten überzeugend zu präsentieren. Menschen mit geringem Selbstbewusstsein sollten sich deshalb im Vorfeld auflisten, welche beruflichen Erfolge sie bereits verbuchen konnten und welche ihrer Eigenschaften und Qualifikationen dabei ausschlaggebend waren. Wer sich diese Frage kaum beantworten kann oder wer als Berufsanfänger Orientierung sucht, dem hilft eine Potenzialanalyse. Sie ermittelt die persönlichen Fähigkeiten und Eignungen, sodass selbstunsichere Bewerber ihre Stärken besser kennenlernen.
  • Seine Schwächen authentisch darstellen: Die Frage nach der größten Schwäche stellen Personaler regelmäßig, um Bewerber aus der Reserve zu locken. Studien haben jedoch gezeigt, dass ausweichende Antworten wie „Ich liebe Schokolade“ oder „Ich arbeite zu viel“ nur selten gut ankommen. Mit höherer Wahrscheinlichkeit werden Bewerber eingestellt, die authentisch über eine Negativ-Eigenschaft berichten und mit ihr umgehen können. „Ich fühle mich manchmal unwohl, wenn ich vor großem Publikum frei sprechen muss, deshalb habe ich einen Rhetorik-Kurs belegt“, könnte hier beispielsweise punkten.

Weitere Problemsituationen im Alltag

Ein geringes Selbstwertgefühl bestimmt nicht nur unsere Erfolge im Beruf und beim anderen Geschlecht, auch der eigene Lebensweg oder alltägliche Kleinigkeiten werden direkt davon beeinflusst:

1. Angst vor Herausforderungen

Menschen mit mangelndem Selbstvertrauen nehmen Entscheidungen und neue Aufgaben im Leben häufig als bedrohlich wahr. Sie lassen sich stärker durch die Angst leiten, zu versagen, als durch ihre ureigenen Interessen. Doch Selbstbewusstsein stammt nicht daher, niemals Fehler zu machen, sondern daher, sich vor Fehlschlägen nicht zu fürchten. Gerade vor lebensprägenden Entscheidungen, sollten selbstunsichere Menschen daher das Gespräch mit Freunden, Coaches oder Psychologen suchen, um sich im Entscheidungsprozess unterstützen zu lassen.

2. Keine Grenzen ziehen können

Ob im Job, in der Beziehung oder in alltäglichen Situationen auf der Straße: Personen mit Selbstbewusstseinsschwäche scheuen sich davor, ihre Interessen zu vertreten und durchzusetzen. Dahinter steht zum einen die Angst vor Konfrontationen und zum anderen die Überzeugung, Vorteile nicht verdient zu haben. In der Folge werden selbstunsichere Menschen bei Beförderungen übergangen und in Beziehungen ausgenutzt. Schließlich sind sie meist unfähig, ihre Bedürfnisse durch ein klares „Nein“ gegenüber dem Partner abzugrenzen. Wer sich jedoch alles gefallen lässt, provoziert damit respektloses Verhalten. Dies schwächt wieder das Selbstbild. Aus einem derartigen Teufelskreis entkommt nur, wer souverän für sich einsteht.

Es ist wichtig, die eigenen Stärken zu kennen und sich ihrer bewusst zu sein – nur so lässt sich das eigene Potenzial auch vollkommen ausschöpfen. fotolia.de © fizkes (#195624012)

Fazit

„Achte dich selbst, wenn du willst, dass dich andere achten.“

Mit diesem Ausspruch umriss bereits der Benimm-Papst Adolph Freiherr von Knigge das Thema Selbstbewusstsein äußerst präzise. Der Weg dorthin funktioniert schlussendlich in zwei Schritten: Erstens ein Bewusstsein über die eigenen Stärken zu erlangen und ihnen zweitens einen großen Wert zuzumessen. So erwächst aus dem gesteigerten Selbst-Bewusstsein ein hohes Maß an Selbstwertgefühl.

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