Enzyme
Dieser Artikel beschreibt die Aufgabe und Funktion von Enzymen (früher: Fermente) im menschlichen Körper, insbesondere in Bezug auf die Verdauungsenzyme.
Stehen dem Körper beispielsweise zu wenig Verdauungsenzyme zur Verfügung, kann dies zu verschiedenen Belastungen führen wie Völlegefühl, Blähungen und Nahrungsmittelunverträglichkeiten (-Intoleranz) bis hin zu schweren Erkrankungen.
Aufgaben von Enzymen
Enzyme sind meist Eiweißstoffe (Proteine), die an fast allen Reaktionen des menschlichen und tierischen Stoffwechsels beteiligt sind beziehungsweise diese Reaktionen erst ermöglichen.
Die alte Bezeichnung für Enzyme ist "Fermente". Der Begriff "Fermentierung" steht im heutigen Sprachgebrauch für die enzymatische "Bearbeitung" einer Substanz (außerhalb des Körpers), wie beispielsweise bei der Herstellung von Kombucha, Sojasauce, Miso und anderen fermentierten Speisen und Getränken. Dabei ist nicht die lebenden Kulturen gemeint wie Hefe und Bakterien sondern allein die Enzyme.
Enzyme gelten allgemein als "Katalysatoren". Das bedeutet, dass sie eine bestimmte (bio-)chemische Reaktion ermöglichen und währenddessen selbst nur vorübergehend oder gar nicht verändert werden. Dennoch unterliegen Enzyme im Körper einem Verbrauch. Der Körper muss also ständig Enzyme nach produzieren oder frische Enzyme durch Nahrung aufnehmen. Dies gilt insbesondere für Verdauungsenzyme.
Die körpereigene Enzymproduktion wird von den Genen gesteuert. Bei einigen Erkrankungen liegt ein Gendefekt vor, sodass die Enzyme gar nicht oder unvollständig zusammengebaut werden und damit funktionsuntüchtig sind. Aber auch durch Ernährungsfehler, Entzündungen und Giftbelastungen kann die natürliche Enzymproduktion eingeschränkt sein.
Enzyme sind in der Nahrung enthalten oder werden im Körper produziert. Verdauungsenzyme im Speichel (Amylase) beginnen schon beim Kauen mit dem Spalten der Nährstoffe, hier: der Kohlenhydrate. Die Nahrungsbestandteile werden biochemisch aufgespalten und dadurch verdaubar gemacht.
Andere Enzyme werden benötigt zum Bau oder Umbau von Stoffwechselsubstanzen, zum Beispiel, wenn Zucker zum Speichern in Speicherfett umgewandelt wird.
Ebenso werden Enzyme zum Abbau von Stoffwechselprodukten benötigt, wie beim blauen Fleck (Hämatom) schön sichtbar, und zur Entgiftung verschiedener Substanzen.
Enzym-Arten
Im Körper unterscheiden wir
- Nahrungsenzyme (durch die Nahrung aufgenommen, hier vor allem Verdauungsenzyme, die zum Teil auch als Stoffwechselenzyme genutzt werden können)
- Verdauungsenzyme (vor allem aus der Bauchspeicheldrüse, der Leber und dem Magen) sowie
- Stoffwechselenzyme (aus verschiedenen Organen und Körperteilen und teilweise auch aus der Nahrung).
Die Verdauungsenzyme werden wiederum in folgende Hauptgruppen unterteilt:
- Amylasen, zur Spaltung von Kohlenhydraten
- Proteasen, zur Spaltung von Eiweißen
- Lipasen, zur Spaltung von Fetten
Fachliche Klassifizierung
- EC 1: Oxidoreduktasen. Sie katalysieren Redoxreaktionen.
- EC 2: Transferasen. Sie übertragen die funktionellen Gruppen von einem Substrat auf ein anderes.
- EC 3: Hydrolasen. Sie spalten Bindungen unter Einsatz von Wasser.
- EC 4: Lyasen. Sie katalysieren die Spaltung oder Synthese komplexerer Verbindungen aus einfachen Substraten.
- EC 5: Isomerasen. Sie beschleunigen die Umwandlung von chemischen Isomeren.
- EC 6: Ligasen beziehungsweise Synthetasen. Sie katalysieren Additionsreaktionen.
Enzyme, die in der Lage sind, mehrere Reaktionen zu katalysieren, werden mehreren Enzymklassen zugerechnet.
Enzymversorgung sicherstellen
Um die verzehrten Speisen enzymatisch vollständig aufspalten zu können, müssen verschiedene Voraussetzungen gegeben sein:
- intakte Funktion von
- Bauchspeicheldrüse als bedeutende Produktionsstätte von Enzymen
- Magen und Darm als Verdauungs- und Aufnahme-Organe
- pH-Wert im Dünndarm ist neutral oder leicht basisch, was bei der sogenannten "Übersäuerung" des Körpers nicht mehr gegeben ist
- regelmäßiger Verzehr von rohen Speisen, die nicht über 41°C erhitzt sind
Bei Enzym-Mangel können einige der benötigten Enzyme medikamentös beziehungsweise über Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel zugeführt werden. Der Körper kann alle Enzyme umbauen, so dass auch Stoffwechselenzyme aus Nahrungsenzymen gewonnen werden können.
Enzym-Mangel
Liegt nur bei einer der oben genannten Enzymgruppen ein Mangel vor, kann die jeweilige Speise nicht mehr vollständig aufgespalten und aufgenommen werden. Dadurch kann es zu vielfältigen Symptomen kommen.
Beispiele für Symptome durch (Verdauungs-) Enzymmangel
- Amylasemangel: Blähungen, Erhöhung des Blutzuckerspiegels, Prädiabetes (Diabetes Frühform)
- Proteasemangel: Chronische Entzündungen, Aminosäuremangel
- Lipasemangel: fettiger Stuhl (Kot) sowie Durchfall
Beispiele für Erkrankungen durch Enzymmängel
- Laktase-Mangel: Milchsäure-Intoleranz, die vielfach Verdauungsprobleme verursacht
- Galactose-Mangel: Unverträglichkeit der Muttermilch (als Gendefekt bei Neugeborenen gefunden)
- Diaminooxydase-Mangel: Histamin-Intoleranz, die zu allergischen Hautsymptomen und Immunkrankheiten führen kann
- Alkohol-Dehydrogenase-Mangel: meist ein Gendefekt, der zur physische Form der Krankheit Alkoholismus führen kann
- HPU - Hämopyrrollaktamurie: fehlerhalfte Bildung des roten Blutfarbstoffes Häm mit weitreichenden Folgen für die Gesundheit
Ursachen
In der heutigen Gesellschaft ist es wichtig, aktiv auf die Versorgung mit Verdauungsenzymen zu achten, wenn du einen Enzym-Mangel vermeiden möchtest. Ein Mangel an Verdauungsenzymen kann durch verschiedene Umstände begünstigt sein:
- zu seltener Verzehr von roher (= enzymhaltiger) Kost. Die meisten Speisen sind erhitzt, also gebacken, gekocht, frittiert oder Ähnliches. Dies gilt auch für Speisen, die wir fertig kaufen und wo wir uns des Erhitzungsprozesses nicht immer bewusst sind.
- Alle nicht explizit als Vorzugsmilch oder als Rohmilchprodukte gekennzeichneten Milchprodukte wurden über 41°C erhitzt (pasteurisiert) und enthalten deshalb keine (wirksamen) Enzyme mehr. Dazu gehören Milch, Joghurt, Quark, Käse, Buttermilch und andere.
- Auch Backwaren aller Art enthalten nur dann die natürlichen Enzyme, wenn sie schonend unterhalb von 41°C getrocknet wurden. Für den Hausgebrauch bieten sich hier entsprechende Dörrgeräte an, mit denen du Speisen wie zum Beispiel Knäckebrot, herzhafte Kräcker und Rohkostkekse aus Früchten durch Trocknen haltbarer machen kannst.
- Zu große Portionsgrößen sowie zu häufige Nahrungsaufnahme: Wenn zu große Portionen gegessen werden oder die Abstände zwischen den Mahlzeiten kleiner als vier Stunden sind, kann die Bauchspeicheldrüse nicht genügend Verdauungsenzyme ausschütten oder nach produzieren. Ihre Kapazität ist begrenzt. Wenn die Nahrung selbst keine Enzyme mehr enthält (vor allem durch Erhitzen), entsteht daraus ein Enzym-Mangel. Dieser Enzym-Mangel kann kurzfristig oder dauerhaft bestehen und für viele verschiedene Beschwerden und Erkrankungen verantwortlich sein.
- ungenügendes Kauen vor dem Schlucken, wie bei zu hastigem Essen (häufig auch bei Zahn- und Kieferproblemen). Dadurch werden die Speisen nicht ausreichend zerkleinert und nicht gut eingespeichelt. Der Mundspeichel enthält bereits wichtige Enzyme zur Vorverdauung der Kohlenhydrate. Wenn zu große Brocken geschluckt werden, reicht die enzymatische Verdauung nicht mehr aus. Infolgedessen muss zusätzlich vom Magen Salzsäure ausgeschüttet werden. Diese hilft bei der Zersetzung mit, schafft jedoch ein ungünstiges Milieu, was wiederum Folgebeschwerden auslösen kann, wie zum Beispiel Sodbrennen und Magenschleimhautentzündung.
- Übersäuerung der Häute und Schleimhäute durch überwiegende Aufnahme von Nahrungsmitteln, die zu sauren Stoffwechselprodukten abgebaut werden, allen voran Kaffee, Zucker, Weißmehl, Fleisch und Fastfood. Diese Nahrungsmittel wirken als Säurebildner und können eine Verschiebung des pH-Wertes im Körper bewirken. Da Verdauungsenzyme auf einen annähend neutralen bis leicht basischen pH-Wert angewiesen sind, vermindert ein saures Milieu ihre Wirksamkeit. Die Menge an ungebundenem Sauerstoff im Blut kann das Säure-Basen-Verhältnis ebenfalls stark beeinflussen. Eine gute Sauerstoffaufnahme kann deshalb die Wirksamkeit der Nahrungsenzyme verbessern.
Erbliche Enzymschwächen
Ein Mangel an Enzymen kann auch erblich bedingt sein. Dies betrifft eher die Stoffwechselenzyme als die Nahrungsenzyme. Dennoch kann auch der erbliche bedingte Mangel an Stoffwechselenzymen Auswirkungen auf die Verdauung und die Produktion von Verdauungsenzymen haben.
Ein Beispiel hierfür ist weit verbreitete Stoffwechselstörung HPU, Hämopyrrollaktamurie.
Durch einen zumeist genetisch bedingten Defekt wird der rote Blutfarbstoff Häm nicht mehr korrekt gebildet. Dies führt über verschiedene Wechselwirkungen zu diversen Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Immunschwäche, Energiemangel und vieles mehr. Details zur HPU findest du im entsprechenden HPU-Artikel.
Mögliche Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse
Die schwerwiegendste Erkrankung der Bauchspeicheldrüse (in Bezug auf die Enzymproduktion) ist die Pankreatitis, die Entzündung der Bauchspeicheldrüse. In diesem Zustand kann sie kaum noch Verdauungsenzyme produzieren. Die akute Pankreatitis ist ein medizinischer Notfall und muss unverzüglich ärztlich beziehungsweise klinisch behandelt werden. Ein Ausfall hat fast immer auch eine Einschränkung der Insulinproduktion zur Folge, was zu Diabetes führt.
Die Ursache kann unter anderem ein entzündlicher Infekt auch ein eingeklemmter Gallenstein sein, der den Ausführungsgang der Bauchspeicheldrüse zum Dünndarm hin verlegt. Ebenso kann es die Folge chronische Ernährungsfehler sein, wie sie in diesem Artikel beschrieben sind. (Bei länger anhaltenden Durchfällen muss das zum Beispiel abgeklärt werden, um es beispielsweise von Reisedurchfall oder (Salmonellen-)Infektionen abzugrenzen.)
Auch eine Krebserkrankung kann die Ursache einer Pankreatitis sein.
Häufig kommt es jedoch zu leichteren chronischen Entzündungen, die nicht immer als solches erkannt werden. Sie sind nicht lebensbedrohlich, können aber außerordentlich unangenehm sein und den Stoffwechsel insgesamt belasten. Chronische Entzündungen können unangenehm bis schmerzhaft sein und die verschiedensten Verdauungsprobleme hervorrufen (siehe oben).
Chronische Entzündungen können unter anderem durch Ernährungsfehler und auch durch starken, anhaltenden Stress (mit entsprechender Freisetzung von Stresshormonen) begünstigt und sogar ausgelöst werden.
Entzündungen der Bauchspeicheldrüse können auch die Entstehung eines Diabetes zur Folge haben. Mehr zur Diabetes-Krankheit im Zucker-Artikel und im Diabetes-Artikel.
Laboruntersuchungen
Um eine Schwäche der Enzymproduktion diagnostizieren zu können, wird zumeist die Pankreaselastase im Stuhl oder (aussagekräftiger) im Blut-Serum untersucht. Dieses Enzym wird stellvertretend für alle anderen untersucht, weil es am leichtesten und am zuverlässigsten messbar ist.
Dennoch kann der Wert der Pankreaselastase nur ein erster Hinweis auf die Situation der (gesamten) Enzymproduktion sein und keine konkreten Aussagen über die einzelnen Enzymarten liefern.
Ernährungstherapie
Ein Ernährungsberater, Gesundheitsberater, Heilpraktiker oder Arzt, der mit der Bedeutung der Verdauungsenzyme vertraut ist, kann bei Symptomen, die durch Enzym-Mangel bedingt sind, individuell aufklären und beraten. Möglich sind sowohl die Umstellung der Ernährung auf mehr Rohkost als auch der Verzehr von Enzymen in Kapselform (Enzymkapseln mit Verdauungsenzymen).
(Allgemeines Grundwissen zum Thema Ernährung findest du auch im Secret-Wiki-Ernährungsportal).
Weiterlesen
- HPU - Hämopyrrollaktamurie
- Rohkost
- Diabetes
- Ganzheitliche Diabetesberatung
- Zucker
- Nahrungsergänzungsmittel
- Effektive Mikroorganismen
Jeder Autor hat seine eigenen Passagen zu diesem Artikel beigesteuert. Deshalb muss nicht jeder Autor alle Passagen des Artikels unterstützen.