Wer regelmäßig Nikotinprodukte konsumieren muss, weil er ansonsten das Gefühl bekommt, dass ihm etwas fehlt, erfüllt alle Kriterien für eine medizinische Abhängigkeit. Natürlich dürfte es wohl niemanden mehr geben, der sich nicht darüber im Klaren ist, dass vor allem Tabakprodukte enorme körperliche Schäden nach sich ziehen.

Allerdings ist Tabak auch eine Droge mit enorm hohem Abhängigkeitspotenzial, höher als beispielsweise Cannabis, Alkohol oder Amphetamine. Das ist der Hauptgrund dafür, warum nach wie vor ein Drittel aller volljährigen Deutschen raucht; es ist einfach je nach Charakterstärke enorm schwer, aufzuhören. Doch in Anbetracht dessen, dass jede Zigarette, die man nicht raucht, eine gute ist, kann es ein erfolgsversprechender Anfang sein, sein Rauchverhalten sanft zu verändern und so in kleinen Schritten den Weggang zu schaffen. Tipps dafür hat der folgende Artikel zusammengetragen.

Selbst drehen

Wohl jeder Raucher hat schon festgestellt, wie leicht und gedankenlos der Konsum vonstattengehen kann.

Wenn wir abgelenkt sind, uns besonders wohl oder besonders gestresst fühlen, geschieht das Rauchen nicht nur beinahe nebenbei, sondern tatsächlich. Man ergreift die Schachtel, entnimmt eine Zigarette, zündet sie an und raucht, ohne dass es sich dabei um eine wirklich bewusste Handlung handelt.

Tatsächlich gibt es nicht wenige Raucher, die etwa am Ende eines geselligen Abends geschockt sind, wie stark der Inhalt der zuvor frisch geöffneten Packung geschrumpft ist.

Genau das ist eines der größten Probleme der Tabaksucht: Je öfter man in solchen Situationen ist, in denen man rauchen kann, ohne zuvor beispielsweise Raum oder Gebäude verlassen zu müssen, desto mehr konsumiert man. Ein Gutteil derjenigen Raucher, die mehr als 20 Stück täglich konsumieren, gehören zu dieser Gruppe.

Das zieht drei Probleme nach sich:

  • Die Toleranzschwelle steigt. Der Körper erzieht sich dazu, mehr Zigaretten (=Nikotin) zu benötigen, um seine Sucht zu befriedigen.
  • Mehr Zigaretten bedeutet mehr schädliche Beiprodukte (die primären Auslöser raucherbedingter Erkrankungen).
  • Eine höhere Toleranzschwelle bedeutet wiederum, tiefer in die Abhängigkeit zu geraten.

Angesichts dessen mag es paradox klingen, aber es kann helfen, Zigaretten selbst zu drehen (nicht zu stopfen) statt auf konsumfertige Stücke zu setzen.

Auch dahinter stecken mehrere Gründe:

  • Man kann nicht unbewusst rauchen. Es ist immer notwendig, aus losem Tabak, Blättchen und Eindrehfiltern eine Zigarette zu „bauen“. Da dies eine gewisse Zeit dauert und volle Aufmerksamkeit benötigt, vermindert es das Risiko, beiläufig zu konsumieren.
  • Das Drehen ist eine vergleichsweise knifflig zu erlernende Handlung. Auch das fungiert als Schwelle.
  • Je nach Drehtechnik ist es möglich, „leichte“ Zigaretten mit geringerem Nikotin- und Kondensatgehalt zu drehen.
  • Drehtabak schmeckt in der Regel anders als solcher in konsumfertigen Zigaretten. Viele umsteigende Raucher mögen den Geschmack weniger. Was weniger gut schmeckt, konsumiert man weniger bereitwillig.

Dazu muss man sich zwar erziehen, darf auch nicht auf Vorrat drehen. Aber der primäre Gedanke ist es, gedankenloses Rauchen zu unterbinden. Das geht durch das Selberdrehen recht gut.

Selbstgedrehte Zigaretten sind zwar nicht weniger schädlich als vorgefertigte. Aber sie machen den Konsum zwangsläufig bewusster. Foto: unsplash.com © Panos Sakalakis

Seinen Lieblingsort rauchfrei machen

Die meisten Raucher, die in ihren eigenen vier Wänden (auch Balkon und Terrasse) rauchen, haben dafür einen Lieblingsort. Der eine raucht vielleicht gerne auf der Wohnzimmercouch, der zweite am Küchentisch, der dritte am Computertisch.

Abermals wirkt hier das Prinzip der Schwelle, die es zu übertreten gilt: Indem man sich verbietet, an diesem bevorzugten Ort zu rauchen.

Anfangs funktioniert das (besonders in Verbindung mit Tipp 1), indem man dort keine Aschenbecher vorrätig hält. Auf diese Weise wird man selbst dann, wenn man seine eigene Regel vergessen sollte, spätestens nach einigen Zügen erinnert.

In der Realität kann daraus ein abgestufter Maßnahmenkatalog entstehen:

  1. Man beginnt, indem man seinen Lieblingsort rauchfrei macht.
  2. Dann werden nach und nach alle anderen „komfortablen“ Räume inkludiert, sodass vielleicht nur noch Diele, Hauswirtschafts- oder Kellerräume übrigbleiben.
  3. Zum Schluss untersagt man sich das Rauchen im Haus (auch Balkon/Terrasse/Garten) komplett und entsorgt alle Aschenbecher.

Spätestens dann muss man nicht nur jede Zigarette anfertigen, sondern auch noch raus auf die Straße treten. Eine starke Form von Selbsterziehung, bei der der Geist lernt, dass dieser „Genuss“ höchst unkomfortabel ist.

Beginnend mit seinem Lieblingsort macht man nach und nach alle Räume rauchfrei. Bis man für jede Zigarette auf die Straße muss. Foto: unsplash.com © Jeff Brown

Mit Dampfen substituieren

Das britische Gesundheitssystem macht seit einigen Jahren weltweit Furore, denn es hat Dampfen, also das Nutzen von E-Zigaretten, als anerkannte Rauchentwöhnung in seinen bezahlten Maßnahmenkatalog übernommen. Damit gehen die Briten einen Weg, den evidenzbasierte Forschung schon seit längerem vorzeichnet. Denn Dampfen ist für viele ein veritabler Weg zur generellen Rauchentwöhnung:

  1. Von allen Tabakalternativen hat Dampfen die größten Erfolgschancen vorzuweisen. In einer Studie waren nach einem Jahr 18% der auf E-Zigaretten umgestiegenen Raucher abstinent, wo es nur 9,9 % derjenigen geschafft haben, die auf andere Produkte (etwa Nikotinkaugummis) gesetzt hatten. Andere Studien bestätigen dieses Ergebnis.
  2. Die zum Dampfen notwendigen „Liquids“ sind ohne weitere geschmackliche Änderungen in abgestuften Nikotin-Levels zwischen 0 und (meist) 16 Milligramm erhältlich. Damit ist eine stufenweise und kontrollierte Reduktion der Nikotinaufnahme möglich, ohne dass das Ritual bzw. das Geschmackserlebnis verändert wird.
  3. Im Gegensatz zum Rauchen gibt es kaum Risiken für Passiv-Inhalierende. Da beim Dampfen nichts verbrannt wird, entstehen praktisch keine Giftstoffe wie bei Zigaretten. Was der ausgeatmete Dampf enthält, ist vor allem Wasser und Nikotin.

Hier sei empfohlen, das Dampfen mit den vorherigen Tipps, besonders Nummer 2, zu verbinden: Rauchen nur vor dem Haus, Dampfen hingegen auch wieder vom Lieblingsplatz aus. Auch das wirkt gedanklich als machtvolles Lockmittel, durch das sich der Körper häufiger gegen die Zigarette aussprechen wird.

Nicht nur für viele Raucher, sondern auch Wissenschaftler ist das Dampfen das wirksamste Substituieren von Zigaretten. Foto: unsplash.com © Nery Zarate

Sich selbst bezahlen

Jede vorfabrizierte Zigarette hat einen ganz klar zu beziffernden Wert. Man findet ihn heraus, indem man den Packungspreis durch die Anzahl der enthaltenen Zigaretten dividiert.

Geht man beispielsweise davon aus, dass eine 20er Packung derzeit 7 Euro kostet, ist jede enthaltene Zigarette 35 Cent wert.

Für diesen Tipp koppelt man seinen Zigarettenkonsum an einen sehr real erlebbaren Gewinn oder Verlust von Bargeld. Das geht folgendermaßen:

  1. Man errechnet oder beobachtet, wie viele Zigaretten man in einem Zeitraum von 24 Stunden durchschnittlich konsumiert.
  2. Dann besorgt man sich Pokerchips. Jeder Chip bekommt einen realen Geldwert für eine einzige Zigarette zugewiesen (etwa die 35 Cent aus dem Beispiel).
  3. Zusätzlich benötigt man zwei Spardosen, etwa eine Grüne und eine Rote.

Die Praxis sieht so aus: Jeden Morgen gibt man sich eine Anzahl Pokerchips, die der Summe der binnen dieses Tages konsumierten Zigaretten entspricht. Diesen Stapel sollte man überall mitführen, wo man auch Zigaretten mitführt.

Für jede Zigarette, die man raucht, steckt man einen Chip ins rote Sparschwein. Dieses Geld ist weg. Alle Chips hingegen, die am Ende des Tages übrigbleiben, kommen in das grüne Sparschwein. Zum einen erkennt man dadurch erst einmal, wie viel man raucht, da man es durch die Chips in der roten Spardose leicht zusammenrechnen kann.

Wichtiger ist jedoch das, was in der grünen Dose landet. Das sammelt man für einen bestimmten, aber kurzen Zeitraum; etwa eine Woche. Am Ende des Zyklus zahlt man sich diese Summe in Bar aus. Das kann man, denn das Geld hat man buchstäblich nicht verraucht.

Bei vielen Menschen, vor allem solchen, die sich gerne messen, wird daraus eine Art Wettbewerb gegen sich selbst. Der Drang, der einen zur Zigarette greifen lässt, wird abgelöst durch den Drang, am Ende der Woche möglichst viel Geld ausbezahlt zu bekommen.

Jeder Chip steht für eine Zigarette. Nicht nur eine wirkungsvolle Verdeutlichung, sondern auch ein finanzieller Anreiz, weniger zu rauchen. Foto: unsplash.com © Amanda Jones
Quelle für Titelbild: unsplash.com © Rafal Opalski