Unsere fünf Sinne bilden die biologische Grundlage für die Wahrnehmung unserer Umwelt. Wie können wir unsere Sinne richtig nutzen und gibt es den sechsten Sinn tatsächlich?

Unsere fünf Sinne bilden die biologische Grundlage für die Wahrnehmung unserer Umwelt. Die Organe leiten Informationen an unser Gehirn weiter, und stellen so eine Verbindung zur Außenwelt dar. Darüber hinaus taucht oftmals der Begriff des „sechsten Sinnes“ auf, wenn es um eine eher intuitive oder buchstäblich „übersinnliche“ Wahrnehmung geht. Wie können wir unsere Sinne richtig nutzen und gibt es den sechsten Sinn tatsächlich?

Bewusstsein und Wahrnehmung

Die Psychologie unterscheidet bei der Wahrnehmung zwischen der nach außen und der nach innen gerichteten Rezeption. Neugeborene können beispielsweise zu Beginn noch nicht zwischen sich und der übrigen Welt unterscheiden. Dieses „Selbstbewusstsein“ entwickelt sich schrittweise erst im Laufe der ersten Monate. Auch hier helfen die verschiedenen Sinne dabei, die Umwelt zu begreifen und sich selbst als eigenständige Persönlichkeit zu verstehen.

Darüber hinaus sorgen die Sinnesorgane jedoch auch dafür, den eigenen Körper wahrzunehmen und ein Körpergefühl zu entwickeln. Hunger und Durst aber auch andere Empfindungen und Gefühle lernen wir nach und nach zu deuten und mit ihnen umzugehen.

Wie viele Sinne haben wir wirklich?

Zu den Sinnen, die wir Menschen nutzen können, zählen üblicherweise die folgenden fünf:

  • Sehen
  • Hören
  • Riechen
  • Schmecken
  • Tasten / Fühlen

Die Wahrnehmung ist dabei mit der Funktion des jeweils zugeordneten Organs verbunden, den Augen, den Ohren, der Nase, der Zunge und den Tastzellen, die überall auf unserer Haut verteilt sind. Neurowissenschaftler zählen häufig noch einen sechsten Sinn zu dieser Liste dazu, nämlich den Gleichgewichtssinn. Auch ihm ist ein spezielles Organ zugeordnet, das sich im Ohr befindet und seine Funktionsweise trägt entscheidend dazu bei, dass wir uns im Leben zurechtfinden oder uns überhaupt sicher bewegen können.

Würden wir den Gleichgewichtssinn mitzählen, dann rückt die Intuition als möglicher weiterer Sinn an die siebte Stelle. Und als siebter Sinn wird unser Bauchgefühl ebenfalls oft bezeichnet. Der Unterschied zu den anderen Sinnen: Dafür haben wir kein eigenständiges Organ. Nicht zuletzt deshalb wird die Intuition nicht zu den eigentlichen Sinnen gezählt.

Die 5 Sinne bewusst nutzen

Von Geburt an lernen wir, unsere Sinne zu verwenden, sie gezielt einzusetzen und die Informationen, die uns unsere Sinnesorgane liefern zu deuten und weiterzuverarbeiten. Dabei wirken klar definierte physikalische und chemische Vorgänge mit subjektiven Vorgängen zusammen. Exemplarisch kann dies gut am Beispiel des Sehens erklärt werden:

Mithilfe unseres komplexen Sehorgans werden visuelle Lichtreize zunächst in einem rein physikalischen Vorgang in Nervenimpulse umgewandelt. Die vielen einzelnen Teile – von der Pupille und der Linse über die verschiedenen Augenmuskeln bis hin zur Netzhaut und dem Sehnerv – haben dabei alle eine wichtige Aufgabe.

Dennoch entsteht der eigentliche Seheindruck erst im Gehirn, wo die weitergeleiteten Nervensignale verarbeitet werden. Insgesamt gliedert sich der Prozess des Wahrnehmens in mehrere einzelne Vorgänge:

  • Einwirkung des Sinnesreizes
  • Rezeption des Reizes und Umwandlung in Nervenimpulse
  • Verarbeitung der Nervenimpulse im Gehirn
  • Prozess des Wahrnehmens (Kognition)
  • Prozess des Wiedererkennens, Assoziierens und Weiterverarbeitens
  • Reaktion auf den Sinnesreiz

Die Vorgänge im Gehirn, die als kognitive Wahrnehmung und Verarbeitung zusammengefasst werden, sind dabei sehr stark von unserer individuellen Erfahrung und unserer Persönlichkeit geprägt. Derselbe Sinnesreiz kann bei zwei Menschen ganz unterschiedliche Eindrücke hinterlassen, je nachdem wie der Reiz dabei eingeordnet wird.

Auch wenn vieles dabei unbewusst und automatisch abläuft, folgt die Wahrnehmung von visuellen oder auch akustischen Reizen logischen Mustern.

Der eigentliche Seheindruck entsteht erst bei der kognitiven Verarbeitung des Sinnesreizes im Gehirn.
Bild: Fotolia, © Ramona Heim

Wirkung der Sinne im Unterbewusstsein

Viele Sinneseindrücke hinterlassen Spuren, nachdem wir sie wahrgenommen haben. Es entstehen Erfahrungen und Erinnerungen, die automatisch in unserem Gehirn abgespeichert werden. Bei jedem neuen Vorgang, wenn ein neuer Reiz verarbeitet wird, kann darauf zurückgegriffen werden. Das Wahrgenommene wird mit den bestehenden Informationen abgeglichen und eingeordnet.

Einige Reaktionen darauf erfolgen dann instinkthaft, zum Beispiel wenn wir uns vor etwas schützen wollen. Ein interessanter Aspekt ist zudem, dass sich unser Gehirn an bestimmte Sinneseindrücke gewöhnen kann, wenn sie dauerhaft auf uns einwirken. Ein Beispiel dafür ist ein störendes Geräusch, das wir nach kurzer Zeit aus dem bewussten Empfinden ausblenden. Tragen wir etwa eine Sehhilfe mit getönten Gläsern, haben wir ebenfalls bei einer längeren Nutzungsdauer nicht mehr das Gefühl, dass unsere Umgebung ungewohnt eingefärbt ist – unser Auge gewöhnt sich an den neuen Farbeindruck.

Andere Reaktionen steuern und veranlassen wir hingegen bewusst als Folge einer geistigen Auseinandersetzung mit dem Sinneseindruck. So können neue Assoziationen entstehen, was auch als Kreativität bezeichnet wird. Je stärker wir uns dafür sensibilisieren, umso besser können wir die verschiedensten Sinneseindrücke nutzen.

Wie wir unsere Intuition nutzen

Auch die Intuition ist dabei als kognitiver Vorgang einzustufen. Sie ist eine alternative Möglichkeit, wie wir verschiedene Sinnesreize verarbeiten. Bei vielen Prozessen tun wir dies bewusst und unter Einbeziehung unseres Verstandes. Nutzen wir unsere Intuition, geschieht dies hingegen eher unbewusst und „aus dem Bauch heraus“. Es gibt meist keine logische Erklärung für Entscheidungen, die wir intuitiv treffen.

Auch, wenn es oft so scheint, dass eine intuitive Eingebung aus dem Nichts heraus kommt, etwa wie ein Geistesblitz, liegen dem verschiedene Wahrnehmungsprozesse in unserem Körper zugrunde. Meist werden dabei jedoch Sinnesreize verarbeitet, die wir etwa aufgrund einer besonderen Feinfühligkeit wahrnehmen können. Um dies bewusst zu nutzen, muss die Intuition als „Fähigkeit“ trainiert werden – genauso wie andere Kompetenzen, die wir entwickeln.

Oftmals entsteht in einer Situation ein bestimmtes Gefühl oder eine gewisse Ahnung, der wir zunächst keine besondere Bedeutung schenken. Hören wir nicht auf dieses „Bauchgefühl“ und treffen eine andere Entscheidung, entsteht dann später der Eindruck falsch gehandelt zu haben obwohl wir „es doch besser gewusst haben“.

Nehmen wir also an einem bestimmten Punkt eine solche „Vorahnung“ bewusst wahr, können wir tiefer in uns hineinhorchen und nachforschen, welche Ursachen dieses Gefühl in uns auslösen. Schritt für Schritt können wir so lernen, uns gezielt auch auf sehr feine Informationen zu konzentrieren, die unsere Entscheidungen mit beeinflussen können.

Besondere Sinneswahrnehmungen

Manche Menschen verfügen ohnehin schon über ein umfangreicheres Wahrnehmungsspektrum. Bei hochsensiblen Personen (HSP) werden weniger, vermeintlich unwichtige Informationen vom Gehirn automatisch ausgefiltert. Dies sorgt zwar mitunter zu Problemen, da sie schneller mit einer Reizüberflutung zu kämpfen haben und es ihnen beispielsweise nicht so leicht gelingt, störende Geräusche auszublenden.

Die zusätzlichen wahrgenommenen Eindrücke können dann allerdings in vielen Situationen dazu genutzt werden, um Entscheidungen zu treffen oder fließen in bestimmte Denkvorgänge mit ein. Solche Menschen zeichnen sich meist durch eine große Empathie aus, da sie sehr feine Gefühlsregungen ihrer Mitmenschen wahrnehmen können.

Andere Personen können bestimmte Entscheidungen oder Handlungsweisen von Hochsensiblen häufig nicht nachvollziehen, da sie selbst die feinen Informationen nicht bemerken, die die HSP für ihr intuitives Gespür nutzen.

Die Intuition nutzt zahlreiche unbewusst wahrgenommene Informationen um uns ein bestimmtes Gefühl oder eine Ahnung zu vermitteln.
Bild: Fotolia, © Ilhedgehogll

Dennoch kann im Grunde jeder Mensch seine Intuition schärfen, indem stärker auf feine Signale gehorcht wird. Die Entwicklung und Verbesserung eines guten Körpergefühls ist hierbei ein erster Schritt. So können wir lernen, uns künftig besser auf unsere Intuition zu verlassen.

Von der unbewussten zur bewussten Wahrnehmung

Sobald wir wissen, dass es einen Grund oder Auslöser gibt, der für ein intuitives Gespür verantwortlich ist, können wir aus dem unbewussten Prozess einen bewussten machen. Denn das Hören auf unsere innere Stimme und das Nutzen der Intuition führt meist zu besseren Entscheidungen, die uns schneller ans Ziel bringen können. Auch wenn dies für manche dann keine rationale Erklärung liefert, basieren solche Entscheidungen auf einer umfangreicheren Basis, weil viele zusätzliche Sinneswahrnehmungen an dem Prozess beteiligt waren.

Bildquelle für Abbildung 1: Fotolia, © eyeQ