Man kann im Geschäft jahrzehntelange Erfahrungen vorweisen und sich trotzdem noch in so manchen Situationen wie ein blutiger Anfänger vorkommen, der mit schiefer Krawatte schwitzend vor einem wichtigen Entscheidungsgremium steht. So schlimm ist es dann zwar in der Realität fast nie, aber so wirklich wohl fühlt man sich dennoch nicht in seiner Haut. In den folgenden Zeilen möchte ich daher die Gelegenheit wahrnehmen und dir für eine Bandbreite typischer Business-Situationen die richtigen Coolness-Tipps geben. Vollkommen verhindern, dass du nervös wirst, werden sie zwar nicht. Aber sie werden dir eine Leitlinie geben, an der du dich festhalten kannst, frei nach dem Motto Disziplin ist gleich Freiheit.

1. Vorstellungsgespräch

Du hast gerade das Studium erfolgreich absolviert und die Berufswelt steht dir offen. Doch zuvor steht das Vorstellungsgespräch an. Ich kann dir sagen, ich habe mich über das Thema schon mit so vielen Leuten unterhalten. Darunter auch solche, die schon dutzende erfolgreiche Interviews hatten und alle gehen mit leicht bis mittelschwer verkrampftem Magen in die Situation. Du bist also nicht alleine und gerade, wenn du noch nicht viele Gespräche auf dem Kerbholz hast, ist Nervosität normal. Mach folgendes:

  • Sei beinhart vorbereitet. Kenne sowohl all deine Lebenslaufdaten wie alle Eckdaten des Unternehmens wie deine Westentasche.
  • Übe nach Möglichkeit die Situation zuvor mehrfach zuhause mit Freunden und Familie. Die meiste Nervosität kommt dadurch, dass alles neu für dich ist.
  • Hab etwas Leichtes im Bauch. Einen Müsliriegel, ein Glas (stilles) Wasser. Ein leerer Magen fühlt sich gleich nochmal so verkrampft an.
  • Schärfe vorher ausgiebig deine Rhetorik, umso leichter wird dir das Sprechen fallen.
  • Hab Antworten auf die typischsten Fragen parat. Auch die, die zu den nervigen Psychospielchen der Personaler gehören.

Was ich dir immer wieder nur dringend empfehlen kann: Hab jederzeit mehrere Eisen im Feuer. Viel Nervosität entsteht dadurch, dass viele glauben, dass es „diese oder keine“ Stelle sein müsse.

2. Berechtigter Chef-Tadel

In jedem Unternehmen arbeiten nur Menschen. Menschen machen immer mal Fehler. Mit etwas Pech bist du irgendwann derjenige, der zum Chef zitiert wird, um einen Anpfiff zu kassieren. Das ist eine der unangenehmsten Business-Situationen, in denen man sich befinden kann, das gebe ich unumwunden zu. Aber auch hier kannst du cool bleiben:

  • Halte dich und dein Gegenüber niemals für perfekt. Kritik kann immer kommen und nicht immer wird sie von einem ausgesprochen, der ein rhetorisches Genie ist und dabei die perfekten Worte findet.
  • Wenn Du einen Fehler gemacht hast, versuche nicht, dich herauszureden oder andere mit reinzuziehen. Gib ihn zu und offeriere direkt eine Lösung. Noch besser: Du kannst direkt melden, dass der Fehler beseitigt wurde.
  • Nimm dir die Kritik nicht persönlich zu Herzen. Vor allem wenn die Kritik unfair klingt. Achte auf den Inhalt, nicht den Ton der Musik.
  • Sprich leise und langsam. Erstens vertuschst du so deine innere Erregung, zweitens beruhigst du dich im Angesicht der Kritik auch selbst.

Sag dir im Hinterkopf immer, dass du dein Bestes tust und dass Fehler menschlich sind. Das weiß zwar auch dein Chef, aber der muss sich gerade über eine Ausnahme von dieser Regel aufregen.

3. Prüfungen

Die Welt wäre ein besserer Ort, wenn es nach dem Studium mit sämtlichen Prüfungen vorbei wäre. Leider werden dir solche Prüfungssituationen im Leben aber noch häufiger begegnen und sie können dich umso nervöser machen, weil dir dann die Prüfungsroutine, die du einst in Schul- und Studentenzeiten hattest, abhandengekommen sein kann. Doch Damage-Control gegen aufkeimende Panik ist kein Hexenwerk, solange du nicht die Nerven verlierst:

  • Sei so gut vorbereitet, wie es nur möglich ist. Ein üppiges Wissen ist ein weiches Prüfungskissen.
  • Atme tief und langsam. Das bringt Sauerstoff in deinen Blutkreislauf und hilft deinem Gehirn, sein Wissen besser abzurufen.
  • Sag dir im Geiste immer wieder vor, dass du diese Prüfung meistern wirst und dass es keinen Grund gibt, nervös zu sein.
  • Mach dich vorher locker. Mach unmittelbar vor der Prüfung leichten Sport. Wenn du dich währenddessen verkrampfst, recke und dehne dich ausgiebig (natürlich nur, wenn du nicht gerade alleine mündlich angefragt wirst).

Wenn du etwas nicht beantworten kannst, dann gib dir bei den Punkten, bei denen du sattelfest bist, umso mehr Mühe. Das gibt vielleicht Punkte, aber dir mit Sicherheit mehr Selbstsicherheit.

4. Peinliche Situationen

Als es vor einigen Wochen noch so heiß war, schrieb mich eine Leserin an, die sonntagsnachmittags im Freibad ein äußerst unangenehmes Erlebnis mit einer sich dort ziemlich barbusig sonnenden Vorgesetzten hatte und nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte. Das gab mir den Anstoß, um mich mal genauer mit diesen peinlichen Situationen zu befassen, in die wir mit Geschäftspartnern/Kollegen/Vorgesetzten alle geraten können. Eigentlich sind die Lösungen verblüffend einfach:

  • Sei dir bewusst, dass wir alle nur Menschen sind, die ein Privatleben haben. Die Chancen stehen hoch, dass die Situation nicht nur dir peinlich ist, sondern auch deinem Gegenüber.
  • Wenn es eine Situation ist, die nur für dein Gegenüber peinlich sein könnte (der Klassiker: Speisereste zwischen den Zähnen vom Chef beim Meeting), dann weise denjenigen schnellstmöglich und diskret darauf hin, ignorieren wäre höchst unfair.
  • Hast du die Peinlichkeit produziert (dem Geschäftspartner das Weinglas umgeworfen), atme erst mal tief durch und sortiere dich. Erkläre dich nicht, sondern behebe die Peinlichkeit. Sage dann, dass dir die Situation unangenehm ist und entschuldige dich.
  • Seid ihr beide in der peinlichen Situation (du triffst einen wichtigen Geschäftspartner in der Sauna), dann grüße freundlich, ignoriere dein Gegenüber aber ansonsten. Merkst du jedoch, dass die Lage deinem Gegenüber zu peinlich wird, dann verabschiede dich mit einem Gruß nonchalant.

Zu letzterem habe ich auch meiner Leserin geraten: Ihre Vorgesetzte hatte sie bemerkt, das klassische „schnell Untertauchen“ war also nicht mehr drin. In dem Fall freundlich „Guten Tag“ zunicken und dann seiner Wege gehen und bloß nicht noch Smalltalk anfangen oder gar übers Business plaudern.

5. Feiern, Umtrunke und Co.

Ganz gleich, ob du selbstständig bist und deine Geschäftspartner dazu einladen oder du in einer Firma angestellt bist und es vor Weihnachten, zum Sommerfest usw. einfach „soweit ist“. Es werden immer wieder Feiern anstehen. Die sind, so gut sie gemeint sind, ein heißes Pflaster. Sowohl was deine persönlichen Befindlichkeiten anbelangt, wie das, was du dort sehen und erleben könntest. Da hilft dir nur Souveränität und teilweise auch die Fähigkeit, wie ein Grab zu schweigen:

  • Informiere dich vorher über das aktuelle Tagesgeschehen. Über sowas werden die meisten Gespräche geführt werden; viel weniger über das Business.
  • Sei dir bewusst, dass du auch „Respektspersonen“ von ihrer privaten Seite kennenlernen wirst und dass diese sich teils erheblich vom dienstlichen Charakter unterscheidet.
  • Sei kein grundloser Abstinenzler, das könnte dir als ungeselliges Verhalten ausgelegt werden. Aber trinke niemals so viel, dass du dich nicht mehr hundertprozentig unter Kontrolle hast. Bleib immer mindestens einen Drink hinter deinen Vorgesetzten.
  • Mach bei allem mit, was die anderen machen, auch wenn du dich vielleicht in Grund und Boden genierst (etwa beim Karaoke).
  • Was auf der Feier passiert, bleibt auf der Feier. Du siehst nichts, du hörst nichts und du machst erst recht niemals Aufnahmen.
  • Wenn du etwas Peinliches bei anderen erlebt hast, sprich sie nicht am nächsten Tag (oder an irgendeinem Tag) darauf an. Die Chancen stehen gut, dass es deinem Gegenüber noch peinlicher ist.

Achtest du dann noch darauf, auch dich selbst in den „Privatmodus“ zu schalten, kann eigentlich nichts schiefgehen, sofern du dich an eine alte, eiserne Regel hältst: „Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps“.

Fazit für dich

Nervös zu sein, ist keine Schwäche, sie ist ein Schutzmechanismus deines Körpers. Aber diese Nervosität kann dich dazu verleiten, das Falsche zu tun. Im Zweifelsfall atme dreimal tief durch und geh das Problem an. Letzen Endes ist es immer nur Business und keine Raketenwissenschaft.

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