Ich gebe es zu: In diesem Fall war es eindeutig der Titel, der mich neugierig gemacht und dazu gebracht hat, das Buch zu lesen. „Seelengevögelt“ – das klingt brachial, und wer Autor Veit Lindau kennt, der weiß, dass dieser weder auf seiner Facebookseite, noch in seinen Werken ein Blatt vor den Mund nimmt. An „Seelengevögelt“ bin ich dennoch ohne große Erwartungen herangegangen – und war positiv überrascht.

Wie heißt das Buch? “Seelengevögelt”?

Es gibt Bücher, die bereits auf den ersten Blick vermuten lassen, dass sie sich auch inhaltlich von vergleichbarer Lektüre auf dem Markt unterscheiden. Klar, Motivationsbücher gibt es viele, aber eins mit dem Titel „Seelengevögelt“ verspricht doch einiges. Und tatsächlich: „Seelengevögelt“ * ist kein „Null-Acht-Fünfzehn“-Werk, das man schnell durchblättert und sofort wieder vergisst.

Veit Lindau, sehr bekannt und nicht unumstritten in der Szene der Motivationstrainer, verzichtet auf Esoterik und spirituelle Theorien und Erklärungen. Stattdessen erwarten den Leser radikale, ehrliche und ungeschminkte Gedankengänge des Autors, die nur eins zum Ziel haben: Das Publikum „aufzuwecken“ und es dazu zu bringen, sein volles Potenzial zu entdecken und ein mutiges, erfülltes und glückliches Leben zu führen.

Schlafwandelnd durchs Leben gehen

Das Problem liegt laut Lindau in der Tatsache, dass die meisten Menschen in einer Art Halbschlaf existieren. „Schlafwandelnd“ und im Autopilot-Modus vegetieren sie dahin und verschwenden ihre Zeit, anstatt richtig zu leben. Der Grund dafür liegt vor allem in der Angst und in einem falschen Sicherheitsverständnis. Um Fehler, Rückschläge und Verluste zu vermeiden, bewegen wir uns in einer „warmgepupsten Komfortzone“, die uns einschränkt – und uns vorgaukelt, wir könnten die Dinge kontrollieren und für Sicherheit sorgen.

Dabei gehören Fehler für Lindau zum Leben dazu; wir sollten sie daher nicht zu vermeiden versuchen, sondern uns bewusst dafür entscheiden, Fehler zu machen. Dadurch lernen und wachsen wir und sind in der Lage, herauszufinden, was wir wollen und was nicht. Das setzt natürlich eine gewisse Risikobereitschaft voraus – und genau diese fordert der Autor von uns allen.

Sag “Tschüss” zur Sicherheit und lebe das Risiko

Die vermeintliche Sicherheit, die wir so zwanghaft in unserem Leben suchen, aufbauen und erhalten wollen, existiert nicht. Veit Lindau geht sogar noch einen Schritt weiter – indem er unsere Illusionen diesbezüglich zerstört. „Alles, wovor du am meisten Angst hast, wird sowieso passieren – also kannst du auch in vollen Zügen leben und Spaß haben und vor allem DU sein.“

Das klingt alles sehr radikal, und das ist es auch, aber auf eine sehr motivierende und liebevolle Weise. Veit Lindau meint es nicht „böse“ mit seinen Lesern, im Gegenteil; er möchte, dass wir aufwachen, unser ganzes Potenzial entfalten und LEBEN. Ihm geht es darum, Leidenschaften zu wecken und einen Hunger für das Leben zu entwickeln, der größer ist als alle Ängste und Vorbehalte. Die Opferrolle, die viele Menschen in den unterschiedlichsten Situationen einnehmen, gilt es zu verlassen: Es ist Zeit, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen und es so zu gestalten, wie wir es wollen.

Dabei nimmt sich der Autor keineswegs selbst heraus aus der Verwirrung, der Angst und dem „Halbschlaf“. Immer wieder berichtet er von seinem Leben, von Schlüsselmomenten und davon, wie auch er einst ein halbgares Leben im Autopilot-Modus geführt hat. Umso glaubwürdiger und sympathischer erscheinen seine Weckrufe und motivierenden Phrasen und Sprüche.

Fazit: Ungewöhnlich, teils brachial, aber mit viel Herz

Zugegeben: Veit Lindau erfindet mit „Seelengevögelt“ das Rad nicht neu. Vieles ist dem Leser sicherlich bereits bekannt, vor allem, wenn er oder sie schon einige Bücher aus diesem Bereich gelesen hat. Ich gebe zu, dass ich auch zu dieser Gruppe gehöre. Dennoch hat „Seelengevögelt“ sein Ziel bei mir nicht verfehlt. Lindaus Schreibstil ist direkt, frech und, ja, radikal, aber niemals unsympathisch, und genau deshalb wirkt das Buch so motivierend. Ich habe mich selbst dabei überrascht, dass ich mich mitgerissen fühlte und mein eigenes Leben hinterfragt habe – und genau das ist es ja, was der Autor erreichen will.

„Seelengevögelt“ liest sich gut, spannend und wird durch fast leere Seiten, die nur eines oder wenige Worte oder einen Spruch enthalten, aufgelockert. Wer das Gefühl hat, gerade den sprichwörtlichen „Tritt in den Hintern“ zu brauchen, ist mit diesem Buch gut beraten.

Das Buch gibt es auf Amazon* oder als Hörbuch-Version auf Audible*.